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Adventskalender: Sei dir gut! Mit Freude und innerer Balance durch den Advent

Pia Hübinger

Praxis für kontemplative Psychologie

Köln - Bonn - Siegburg

Was Einsamkeit mit uns macht

Das Bild zeigt einen einsamen Vogel, der auf einem Ast auf einem kahlen Baum sitzt. Das Bild ist schwarz-weiß und dunkel gehalten, sinnbildlich für das Erleben von Einsamkeit.

Einsamkeit ist eine der tiefsten menschlichen Erfahrungen, die viele von uns schon einmal durchlebt haben. In unserer vernetzten Welt könnte man meinen, dass Einsamkeit der Vergangenheit angehört. Doch paradoxerweise fühlen sich immer mehr Menschen allein – und diese Einsamkeit kann schwerwiegende Folgen für unser Wohlbefinden haben. Was geschieht mit uns, wenn wir uns einsam fühlen? Und wie können wir, trotz der Herausforderungen, die Einsamkeit mit sich bringt, wieder in Verbindung mit uns selbst und anderen treten?

Dieser Artikel ist im Rahmen der Blogparade von Gesa Oldekamp entstanden, die das Thema Einsamkeit aufgreift und uns einlädt, uns intensiver mit dieser tiefgreifenden menschlichen Erfahrung auseinanderzusetzen. Die Blogparade bietet die Möglichkeit für vielfältige Perspektiven und Geschichten rund um das Thema Einsamkeit, und es ist mir eine Freude, mit diesem Beitrag Teil dieser wichtigen Diskussion zu sein. Gesa Oldekamps Initiative eröffnet einen Raum für Reflexion und Austausch, der uns alle dazu ermutigt, die unterschiedlichen Facetten von Einsamkeit besser zu verstehen und Wege zu finden, mit ihr umzugehen.

Einsamkeit und das Nervensystem: Die Bedeutung menschlicher Verbindungen

Unser Nervensystem ist ein erstaunlich komplexes Netzwerk, das eng mit unseren sozialen Beziehungen und emotionalen Zuständen verknüpft ist. Von Geburt an sind wir darauf angewiesen, dass andere Menschen uns helfen, unser inneres Gleichgewicht zu finden und zu halten. Diese Fähigkeit zur Co-Regulation, also zur gegenseitigen emotionalen und physiologischen Unterstützung, ist entscheidend für unsere gesunde Entwicklung und unser Wohlbefinden – sowohl als Kinder als auch als Erwachsene.

Die Rolle der Co-Regulation in der kindlichen Entwicklung

Schon in den ersten Lebensmonaten ist ein Kind vollständig auf seine Bezugspersonen angewiesen, um sich sicher und geborgen zu fühlen. Ein Neugeborenes kann seine Emotionen und seinen Stress nicht allein regulieren. Wenn ein Baby weint, reagiert eine feinfühlige Bezugsperson instinktiv mit beruhigenden Worten, einer sanften Berührung oder durch das Wiegen des Kindes. Diese Handlungen tragen dazu bei, dass das Nervensystem des Babys wieder in einen Zustand der Ruhe und Sicherheit zurückkehrt.

Diese frühe Form der Co-Regulation ist von entscheidender Bedeutung für die gesunde Entwicklung des Kindes. Durch wiederholte Erfahrungen der Beruhigung und des Trostes lernt das Kind allmählich, seine eigenen Emotionen zu erkennen und zu regulieren. Diese Prozesse legen den Grundstein für die spätere Fähigkeit zur Selbstregulation – die Fähigkeit, auch ohne äußere Hilfe innere Balance zu finden.

In den ersten Lebensjahren prägen diese Erfahrungen die neuronalen Verbindungen im Gehirn des Kindes. Wenn die Bezugspersonen zuverlässig und emotional verfügbar sind, entwickeln Kinder ein sicheres Bindungsmuster. Sie lernen, dass ihre Bedürfnisse gesehen und erfüllt werden, und dass sie in der Welt sicher sind. Diese sichere Bindung fördert nicht nur das emotionale Wohlbefinden, sondern auch die kognitive und soziale Entwicklung.

Dieses Baby erfährt Nähe, Sicherheit und Geborgenheit bei seiner Mutter.

Auswirkungen von gestörter Co-Regulation

Leider erleben nicht alle Kinder eine sichere und stabile Co-Regulation. Wenn Bezugspersonen emotional unzugänglich, gestresst oder überfordert sind, kann das Kind lernen, dass seine Bedürfnisse nicht zuverlässig erfüllt werden. Dies kann zu unsicheren Bindungsmustern führen, bei denen das Kind Schwierigkeiten hat, Vertrauen in andere zu entwickeln und sich sicher zu fühlen. Solche frühen Erfahrungen können langfristige Auswirkungen auf die Fähigkeit zur Selbstregulation und auf das Gefühl von Sicherheit und Verbundenheit im späteren Leben haben.

Kinder, die wiederholt erleben, dass ihre emotionalen Bedürfnisse ignoriert oder nicht ausreichend erfüllt werden, entwickeln oft Strategien, um sich selbst zu schützen. Diese Strategien können sich in einem Rückzug von sozialen Kontakten, in emotionaler Abgestumpftheit oder in einem übermäßigen Bedürfnis nach Kontrolle äußern. Diese Schutzmechanismen, die in der Kindheit notwendig waren, können jedoch im Erwachsenenalter zu chronischen Gefühlen der Einsamkeit und Isolation führen.

Co-Regulation im Erwachsenenalter: Warum wir andere Menschen brauchen

Auch im Erwachsenenalter bleibt die Co-Regulation ein zentraler Bestandteil unseres Wohlbefindens. Obwohl wir als Erwachsene eine größere Fähigkeit zur Selbstregulation entwickelt haben, bleiben wir dennoch soziale Wesen, die in Beziehungen Sicherheit und Trost finden. Unser Nervensystem ist darauf ausgelegt, in Gemeinschaft mit anderen zu funktionieren.

In sozialen Interaktionen, insbesondere in vertrauensvollen Beziehungen, geschieht eine subtile und oft unbewusste Co-Regulation. Ein aufmerksames Gespräch, ein beruhigender Blick oder eine unterstützende Berührung können das Nervensystem beruhigen und uns helfen, Stress abzubauen. Diese Form der Co-Regulation ist entscheidend, um in herausfordernden Situationen emotionales Gleichgewicht zu finden.

Ohne diese zwischenmenschliche Regulation kann unser Nervensystem in einem Zustand der Übererregung oder des chronischen Stresses verharren. Langfristig kann dies zu verschiedenen gesundheitlichen Problemen führen, darunter Angststörungen, Depressionen und sogar körperliche Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Abwesenheit von Co-Regulation, insbesondere in Zeiten von Stress oder emotionaler Belastung, kann uns in einen Zustand der Einsamkeit und Isolation versetzen, der schwer zu durchbrechen ist.

Co-Regulation und Einsamkeit: Ein Kreislauf der Isolation

Wenn wir uns einsam fühlen, fehlt uns die Möglichkeit zur Co-Regulation durch andere. Das Fehlen von beruhigenden sozialen Interaktionen kann unser Nervensystem in einem Zustand der Anspannung halten, was das Gefühl der Einsamkeit noch verstärkt. Dieser Zustand der Einsamkeit kann wiederum dazu führen, dass wir uns weiter zurückziehen, aus Angst vor Zurückweisung oder aus dem Gefühl heraus, dass uns niemand wirklich verstehen kann.

Dieser Kreislauf aus Einsamkeit und fehlender Co-Regulation kann schwer zu durchbrechen sein, insbesondere für Menschen, die in ihrer Kindheit keine sicheren Bindungserfahrungen gemacht haben. Für sie kann das Eingehen neuer Beziehungen oder das Vertrauen in andere Menschen mit großen Ängsten und Unsicherheiten verbunden sein.

Doch es ist wichtig zu verstehen, dass unser Nervensystem die Fähigkeit zur Heilung und Anpassung hat. Durch bewusste Anstrengungen, durch das Suchen von unterstützenden Beziehungen und durch professionelle Begleitung können wir lernen, neue Erfahrungen der Co-Regulation zu machen. Diese neuen Erfahrungen können dazu beitragen, alte Wunden zu heilen und das Gefühl der Isolation zu überwinden.

Trauma und Einsamkeit: Wenn alte Wunden die Verbindung erschweren

Einsamkeit hat oft tiefe Wurzeln in unserer Lebensgeschichte, besonders wenn wir traumatische Erfahrungen gemacht haben. Es ist hilfreich, hier zwischen zwei Arten von Trauma zu unterscheiden: Bindungstrauma und Schocktrauma.

Die unsichtbaren Mauern des Bindungstraumas

Für Menschen, die in ihrer Kindheit unsichere oder verletzende Bindungserfahrungen gemacht haben, kann Einsamkeit wie eine zweite Haut sein – eine, die sie nie wirklich ablegen können. Bindungstraumata entstehen, wenn die notwendigen emotionalen Bedürfnisse eines Kindes – nach Sicherheit, Geborgenheit und Verlässlichkeit – nicht erfüllt werden. Stattdessen lernt das Kind, dass Beziehungen unsicher sind und dass Nähe ebenso schnell Schmerz wie Trost bringen kann.

Diese frühen Wunden formen das innere Bild von Beziehungen und hinterlassen oft unsichtbare Mauern, die im späteren Leben die Fähigkeit, sich auf andere Menschen einzulassen, massiv beeinträchtigen. Das Bedürfnis nach Verbindung bleibt bestehen, aber die Furcht vor Zurückweisung oder Verletzung kann so überwältigend sein, dass die betroffenen Menschen sich unbewusst immer wieder in die Einsamkeit zurückziehen. Sie tragen eine Last mit sich, die sie von echter Nähe und Intimität fernhält, selbst wenn sie sich genau danach sehnen.

Schocktrauma: Wenn plötzlich alles anders wird

Schocktraumata entstehen durch plötzliche, überwältigende Ereignisse wie den Verlust eines geliebten Menschen durch einen Unfall, Gewalterfahrungen oder andere traumatische Erlebnisse. Solche Erlebnisse hinterlassen nicht nur eine tiefe seelische Wunde, sondern können auch eine starke Einsamkeit hervorrufen, da das Leben plötzlich in ein Davor und ein Danach gespalten wird.

Nach einem Schocktrauma fühlen sich viele Menschen von der Welt um sie herum abgeschnitten. Der Schmerz und das Trauma wirken wie eine unsichtbare Mauer, die sie von anderen trennt. Selbst inmitten von Menschen, die sie lieben, können sie das Gefühl haben, völlig allein zu sein. Das Leben, das sie kannten, scheint unerreichbar, und die Beziehungen, die einst Trost spendeten, fühlen sich plötzlich fremd an.

Diese Isolation wird oft dadurch verstärkt, dass das soziale Umfeld, nach einer anfänglichen Phase des Mitgefühls, zur „Normalität“ zurückkehrt, während die Betroffenen weiterhin mit dem Schmerz und der Verarbeitung des Erlebten ringen. Das Gefühl, dass niemand wirklich versteht, was sie durchmachen, vertieft die Einsamkeit und kann dazu führen, dass sie sich immer weiter in sich selbst zurückziehen.

Die schmerzhafte Lücke zwischen uns und anderen

Wir leben in einer Zeit, in der wir ständig von Menschen umgeben sind – ob in der realen Welt oder in der digitalen. Und doch gibt es viele von uns, die sich tief in ihrem Inneren isoliert fühlen. Diese Form der Einsamkeit entsteht oft aus einem Gefühl der Entfremdung: Wir sind da, wir nehmen am Leben teil, lachen und führen Gespräche – und doch scheint eine unsichtbare Mauer zwischen uns und den Menschen um uns herum zu bestehen. Diese Mauer kann sich in verschiedenen Kontexten zeigen: im Freundeskreis, am Arbeitsplatz oder sogar in der Familie.

Wir erleben dann eine schmerzhafte Diskrepanz zwischen dem äußeren Bild der Zugehörigkeit und dem inneren Erleben der Trennung. Menschen, die diese Form der Einsamkeit erleben, fühlen sich oft wie Zuschauer*innen ihres eigenen Lebens, als ob sie am Rand stehen und nicht wirklich teilhaben können. Sie erleben eine tiefe Sehnsucht nach echter Verbindung, die jedoch unerfüllt bleibt.

Es ist die Einsamkeit, die wir spüren, wenn wir das Gefühl haben, dass unsere tiefsten Gedanken, Gefühle und Wünsche nicht wirklich verstanden oder geteilt werden. Es ist die Einsamkeit, die entsteht, wenn unsere Beziehungen oberflächlich bleiben, wenn der wahre Austausch, die tiefe Resonanz, fehlt.

Gesellschaftliche Normen und das Gefühl des Nicht-Dazugehörens

In unserer Gesellschaft bzw. den verschiedenen sozialen Blasen gibt es unausgesprochene Normen und Erwartungen, die bestimmen, wie wir zu sein haben, um anerkannt und akzeptiert zu werden. Diese Erwartungen können uns in ein Korsett zwängen, das unsere wahre Persönlichkeit einschnürt. Das Gefühl, sich ständig anpassen oder verstellen zu müssen, um akzeptiert zu werden, kann eine tiefe innere Leere hinterlassen.

Besonders stark betroffen sind oft diejenigen, die in irgendeiner Weise von der Mehrheit abweichen – sei es durch ihre Herkunft, ihre Lebensweise oder ihre Überzeugungen. Diese Menschen erleben häufig das Gefühl, dass sie nicht in das vorherrschende Bild passen und deshalb außen vor bleiben. Diese Einsamkeit ist nicht nur ein inneres Empfinden, sondern auch eine soziale Realität: Sie fühlen sich ausgeschlossen, nicht wirklich willkommen oder akzeptiert.

Doch auch diejenigen, die scheinbar gut in die gesellschaftlichen Erwartungen passen, können diese Einsamkeit erfahren. Die ständige Anpassung an äußere Erwartungen kann zu einer tiefen inneren Erschöpfung führen. Die eigene Identität wird zunehmend von dem bestimmt, was von außen gefordert wird, und weniger von dem, was wirklich im Inneren lebt. Dies führt zu einer inneren Spaltung, die die Einsamkeit nur noch verstärkt,.

Diese Form der Einsamkeit kann besonders quälend sein, weil sie uns das Gefühl gibt, abgetrennt zu sein – nicht nur von anderen, sondern auch von uns selbst. Wir können uns verloren fühlen, unverbunden und wie Außenseiter*innen in einer Welt, die uns fremd erscheint.

Selbstmitgefühl: Ein Schlüssel zur Überwindung von Einsamkeit

Ein kraftvoller Schritt im Umgang mit Einsamkeit ist die Praxis des Selbstmitgefühls. Selbstmitgefühl bedeutet, uns selbst in Momenten des Leidens, der Einsamkeit oder des Versagens mit derselben Freundlichkeit und Fürsorge zu begegnen, die wir einem guten Freund entgegenbringen würden. Es geht darum, uns selbst zu trösten, wenn das Leben schwer ist, und uns die Erlaubnis zu geben, menschlich zu sein – mit all unseren Fehlern, Unzulänglichkeiten und Schwächen.

Oft neigen wir dazu, uns in Zeiten der Einsamkeit selbst zu verurteilen. Wir denken vielleicht, dass mit uns etwas nicht stimmt, dass wir irgendwie ungenügend sind, weil wir uns so fühlen. Wir verstärken unsere Isolation, indem wir uns von innen heraus kritisieren und beschämen. Doch genau in diesen Momenten ist Selbstmitgefühl von entscheidender Bedeutung. Anstatt uns selbst hart zu verurteilen, können wir lernen, uns selbst liebevoll anzunehmen und uns den Trost zu geben, den wir brauchen.

Geteilte Menschlichkeit

Selbstmitgefühl geht jedoch noch einen Schritt weiter: Es erinnert uns daran, dass wir mit unserer Erfahrung nicht allein sind.

Ein wesentlicher Bestandteil von Selbstmitgefühl ist die Einsicht, dass wir mit unseren Erfahrungen nicht allein sind. Einsamkeit kann uns das Gefühl geben, dass wir die einzigen sind, die unter ihr leiden, dass unser Schmerz einzigartig ist und dass niemand wirklich nachvollziehen kann, was wir durchmachen. Doch diese Sichtweise verstärkt nur das Gefühl der Isolation.

Selbstmitgefühl erinnert uns daran, dass Einsamkeit eine universelle menschliche Erfahrung ist. Jeder von uns hat irgendwann in seinem Leben Einsamkeit gespürt – es ist ein Gefühl, das wir mit Millionen von Menschen auf der ganzen Welt teilen. Indem wir uns daran erinnern, dass wir Teil eines größeren Ganzen sind, können wir den ersten Schritt aus der gefühlten Isolation heraus machen. Wir sind nicht allein in unserem Schmerz, und diese Erkenntnis kann uns Trost spenden und uns helfen, uns wieder mit anderen zu verbinden.

Um dich auf deinem Weg zu mehr Selbstmitgefühl zu unterstützen, habe ich ein Freebie für dich erstellt: „So begegnest du dir mit Selbstmitgefühl statt mit Selbstkritik“. Es enthält eine von mir gesprochene Übungsanleitung und eine Emailserie, die dir helfen, Selbstmitgefühl in deinem Alltag zu integrieren. Du kannst es hier herunterladen und sofort mit der Praxis beginnen:

Selbstmitgefühl als Weg aus der Einsamkeit

Selbstmitgefühl hilft uns, die Einsamkeit auf mehreren Ebenen zu überwinden. Zum einen lindert es den Schmerz, den die Einsamkeit verursacht, indem es uns einen inneren Anker bietet – eine Quelle der Geborgenheit und des Trostes, die immer verfügbar ist, unabhängig von äußeren Umständen. Zum anderen öffnet es uns für die Möglichkeit, wieder in Verbindung mit anderen zu treten.

Wenn wir uns selbst mit Mitgefühl begegnen, lernen wir, uns selbst zu akzeptieren, so wie wir sind. Diese Selbstakzeptanz ist die Grundlage für authentische Beziehungen. Wenn wir in der Lage sind, unsere eigenen Schwächen und Unvollkommenheiten anzunehmen, sind wir auch offener und empfänglicher für die Unvollkommenheiten anderer. Wir beginnen, Beziehungen auf eine Weise zu führen, die weniger von Angst und Unsicherheit geprägt ist, sondern von echtem gegenseitigem Verstehen und Mitgefühl.

Selbstmitgefühl fördert auch die Fähigkeit zur Co-Regulation in sozialen Beziehungen. Wenn wir lernen, uns selbst zu beruhigen und zu trösten, sind wir besser in der Lage, in stressigen oder herausfordernden Situationen gelassen zu bleiben. Diese innere Ruhe wirkt sich positiv auf unsere Beziehungen aus, da sie es uns ermöglicht, auch in schwierigen Momenten präsent und unterstützend zu sein statt uns zurückzuziehen.

Interbeing: Die kontemplative Sicht auf Verbundenheit und Einsamkeit

Thich Nhat Hanh, ein vietnamesischer Zen-Meister, hat das Konzept des Interbeing geprägt, das eine tiefgehende Perspektive auf Einsamkeit und Verbundenheit bietet. Interbeing beschreibt die Tatsache, dass nichts in dieser Welt isoliert existiert – alles ist miteinander verbunden, in einem wechselseitigen Beziehungsgeflecht.

Ein Beispiel aus Thich Nhat Hanhs Lehren verdeutlicht dies: Wenn wir ein Blatt betrachten, sehen wir es vielleicht als etwas Eigenständiges. Doch bei näherem Hinsehen erkennen wir, dass das Blatt ohne den Baum, den Regen, die Erde und die Sonne nicht existieren könnte. Es ist untrennbar mit allem anderen verbunden.

Das Bild zeigt eine Großaufnahme eines Blattes, das Sonne und Regen braucht, um existieren zu können.
Ein Blatt, viele Verbindungen

Genauso ist es auch mit uns Menschen. Wir sind Teil eines größeren Ganzen, selbst wenn wir uns manchmal isoliert und allein fühlen.

Diese Erkenntnis kann uns helfen, die Illusion der Trennung zu durchbrechen. Wenn wir verstehen, dass wir immer in Beziehung zu allem um uns herum stehen, können wir die Einsamkeit auf eine tiefere Weise betrachten. Wir sind niemals wirklich allein, auch wenn wir uns so fühlen. Diese Sichtweise kann uns helfen, die Einsamkeit nicht als etwas Endgültiges zu betrachten, sondern als eine Illusion, die wir durch Bewusstsein und Achtsamkeit auflösen können.

Schlussgedanken: Einsamkeit als Sehnsucht nach Verbindung

Einsamkeit ist eine Erfahrung, die tief in uns allen verwurzelt sein kann. Sie erinnert uns daran, wie essentiell menschliche Verbundenheit für unser Wohlbefinden ist. Auch wenn sich Einsamkeit oft bedrückend und überwältigend anfühlen kann, birgt sie in sich die Möglichkeit zur Veränderung – eine leise Einladung, unser Bedürfnis nach Nähe und Zugehörigkeit anzuerkennen und Schritte zu unternehmen, um diese Lücke zu füllen.

Diese Einladung kann der Beginn eines Weges sein, auf dem wir uns nicht nur anderen, sondern auch uns selbst wieder näher kommen. Einsamkeit fordert uns auf, bewusster auf die Qualität unserer Beziehungen zu schauen und uns zu fragen, ob wir in diesen Verbindungen wirklich gesehen und verstanden werden. Sie lädt uns ein, mutig genug zu sein, um authentische Verbindungen zu schaffen – Beziehungen, in denen wir uns nicht verstellen müssen, sondern so angenommen werden, wie wir sind.

Aber es geht nicht nur um die äußere Verbundenheit. Einsamkeit lädt uns auch ein, nach innen zu schauen und die Beziehung zu uns selbst zu pflegen. Oft ist es die fehlende Selbstakzeptanz, die uns davon abhält, echte Nähe zu anderen Menschen zuzulassen. Indem wir lernen, uns selbst mit Mitgefühl und Verständnis zu begegnen, schaffen wir die Basis für tiefere, erfüllendere Beziehungen.

Dieser Weg beginnt mit der Bereitschaft, uns selbst zu zeigen. Es ist ein Weg, der uns vielleicht durch schwierige Phasen der Selbstfindung führt, aber er endet in einer tieferen Verbindung zu uns selbst und zu den Menschen, die uns umgeben. In dieser echten Zugehörigkeit finden wir nicht nur den Ausweg aus der Einsamkeit, sondern auch die Quelle der Verbundenheit, die unser Leben bereichert und erfüllt.

Ich hoffe, dieser Artikel konnte dir neue Perspektiven auf das Thema eröffnen. Wenn du magst, teile gerne deine Gedanken oder Erfahrungen in einem Kommentar – ich freue mich, von dir zu hören!

4 Antworten zu „Was Einsamkeit mit uns macht“

  1. Avatar von Julia Seifried

    Guten Morgen Pia,

    was für ein wunderbarer Blogartikel, ich mag es sehr, dass Du Einsamkeit mit dem Nervensystem verbindest und dies wirklich sehr verständlich erklärst.

    1. Avatar von Pia

      Liebe Julia,

      herzlichen Dank für dein wertschätzendes Feedback! Es freut mich sehr, dass dir der Artikel gefallen hat und dass die Verbindung zwischen Einsamkeit und dem Nervensystem für dich verständlich und nachvollziehbar war.

      Die Beziehung zwischen unserem Nervensystem und emotionalen Zuständen wie Einsamkeit ist tiefgreifend, und ich finde es wichtig, diese Zusammenhänge sichtbar zu machen. Wenn wir verstehen, wie stark unsere körperliche und emotionale Gesundheit miteinander verbunden sind, können wir bewusster damit umgehen und Wege finden, uns selbst besser zu unterstützen.

      Sehr herzlich
      Pia

  2. Avatar von Gabi Kremeskötter

    Liebe Pia,
    ich danke dir für deinen Artikel. Ich habe mich in so vielen Passagen wiedergefunden, das mich gleichermaßen beruhigt als auch erschüttert hat.
    Ich bin nicht allein mit der Wahrnehmung meiner selbst, sondern so vielen wird es ähnlich gehen.
    Das schenkt Trost und macht Mut.
    Den Begriff des Selbstmitgefühls und was es bewirken kann, werde ich mir merken!
    Viele Grüße
    Gabi

    1. Avatar von Pia

      Liebe Gabi,

      vielen Dank für deine ehrlichen und berührenden Worte. Es bedeutet mir viel zu hören, dass du dich in meinem Artikel wiedergefunden hast. Es zeigt, wie tief wir alle miteinander verbunden sind, auch in unseren inneren Kämpfen und Herausforderungen.

      Es kann eine sehr kraftvolle Erfahrung sein zu erkennen, dass wir mit unseren Empfindungen nicht allein sind. Diese Einsicht kann tatsächlich sowohl beruhigend als auch aufwühlend sein – beruhigend, weil sie uns Trost schenkt und zeigt, dass wir Teil einer größeren menschlichen Erfahrung sind, und aufwühlend, weil sie uns vielleicht in einem neuen Licht auf uns selbst blicken lässt.

      Wenn wir lernen, uns selbst mit Mitgefühl zu begegnen, können wir inneren Frieden finden, auch wenn wir uns durch schwierige oder herausfordernde Gefühle navigieren. Es ist eine Praxis, die nicht nur Trost spendet, sondern auch Mut macht, weiter auf dem Weg der Selbstakzeptanz und inneren Heilung voranzuschreiten.

      Dein Kommentar motiviert mich, in Kürze einen eigenen Beitrag zum Thema Selbstmitgefühl zu schreiben.

      Sei von Herzen gegrüßt!
      Pia

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