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Adventskalender: Sei dir gut! Mit Freude und innerer Balance durch den Advent

Pia Hübinger

Praxis für kontemplative Psychologie

Köln - Bonn - Siegburg

Gedankenkarussell, was willst du eigentlich von mir?

Das Bild zeigt drei unterschiedliche Stühle, die wahllos und mit großem Abstand in einem ansonsten leeren Raum stehen. Das Bild trägt den Titel: Gedankenkarussell stoppen durch Selbstkontakt. Im Dialog mit meinem Gedankenkarussell

Vielleicht kennst du das: Du liegst im Bett, und obwohl der Tag längst vorbei ist, beginnt dein Kopf, alles noch einmal durchzugehen. Das Gespräch am Vormittag. Dein Tonfall. Der Gesichtsausdruck deines Gegenübers. Die Pause, die vielleicht zu lang war. Sätze tauchen wieder auf. Du formulierst sie innerlich neu, suchst nach besseren Varianten, analysierst Reaktionen, kombinierst mögliche Bedeutungen. Ohne Ergebnis, aber auch ohne Ende. Je länger du darüber nachdenkst, desto unklarer wird alles. Ruhe stellt sich nicht ein. Im Gegenteil.

Was wir umgangssprachlich häufig als Gedankenkarussell bezeichnen, ist weit mehr als eine lästige Angewohnheit. Es ist ein innerer Zustand erhöhter Aktivierung – ein Versuch deines Systems, mit Unsicherheit umzugehen. Meist übernimmt in solchen Momenten ein überverantwortlicher innerer Anteil die Führung. Einer, der früh gelernt hat, dass Wachsamkeit notwendig ist, weil niemand anders für Sicherheit gesorgt hat.

Ich begegne diesem Anteil häufig in meiner therapeutischen Arbeit. Er tritt in Erscheinung, wenn etwas im Kontakt mit anderen nicht ganz stimmig war, aber nicht eindeutig benannt werden kann. Ein irritierender Blick. Eine ausbleibende Rückmeldung. Eine subtile Verschiebung im Tonfall. Nichts Offensichtliches und doch ausreichend, um innerlich Alarm auszulösen.

Der Anteil, der dann übernimmt, versucht Ordnung herzustellen. Er rekonstruiert, was gesagt wurde, stellt Hypothesen auf, entwirft alternative Handlungsverläufe. „Was habe ich gesagt? Was hat die andere Person gedacht? Habe ich etwas übersehen?“ Er durchkämmt dein Verhalten, deine Worte, deine Körpersprache in der Hoffnung, den einen Moment zu finden, an dem du etwas falsch gemacht haben könntest.

Warum tut er das? Weil er dich schützen will – vor etwas, das sich für dich emotional bedrohlich anfühlt. Vor Ablehnung, vor Zurückweisung, vor Beschämung. Meist hat sich dieser Schutzreflex in der Kindheit oder Jugend entwickelt, in Phasen, in denen du emotional auf dich allein gestellt warst. Wenn niemand da war, der dein emotionales Erleben begleitet, eingeordnet oder gespiegelt hat, dann hat dein System irgendwann beschlossen: „Dann muss ich eben alles im Kopf regeln.“

In seiner Welt bedeutet Denken Kontrolle. Und Kontrolle bedeutet Sicherheit. Und so analysiert es, rekonstruiert, prüft, stellt Hypothesen auf in der Hoffnung, dich vor innerer Instabilität, Ablehnung oder Selbstzweifeln zu bewahren.

Das Problem ist nicht, dass dieser Anteil denkt. Das Problem ist, dass er nicht gelernt hat loszulassen. Er denkt nicht, weil er neugierig ist, sondern weil er das Gefühl hat, dass er alleine verantwortlich ist. Und solange niemand anders die innere Führung übernimmt, bleibt er aktiv. Oft bis weit in die Nacht.

Vielleicht hast du bemerkt, dass dieser Anteil sich nicht etwa zurückzieht, wenn du ihn bekämpfst, sondern dass er im Gegenteil seine Bemühungen sogar noch verstärkt. Was er braucht, ist Beziehung. Ein inneres Gegenüber, das zuhört, Verantwortung übernimmt und sagt: „Ich bin jetzt da und übernehme.“

In diesem Beitrag zeige ich dir exemplarisch, wie ich in meiner Arbeit einem solchen Anteil begegne. Wie du mit ihm in Kontakt treten kannst, ohne dich von ihm mitreißen zu lassen. Wie du ihn nicht unterdrückst, sondern ernst nimmst – bis er selbst ruhiger wird. Und wie du ihm zuhörst, ohne ihm das Steuer zu überlassen.

Denn das Gedankenkarussell hat einen Ursprung. Es meldet sich immer dann, wenn etwas in uns nach Orientierung sucht. Was du in solchen Momenten brauchst, ist oft nicht die nächste gedankliche Schleife, sondern eine aufrichtige, freundliche Hinwendung zu dem, was sich zeigen möchte. Mit der einfachen, aber wirkungsvollen Frage: Was willst du mir eigentlich sagen?

Dieser Text ist mein persönlicher Beitrag zu meiner Blogparade, die ich am 5. Mai 2025 ins Leben gerufen habe. In diesem Rahmen sammle ich vielfältige Perspektiven, Gedanken und Strategien rund um die Frage: „Wie stoppe ich das Gedankenkarussell?“ Wenn du magst, findest du am Ende dieses Artikels die Möglichkeit, dich mit einem eigenen Beitrag zu beteiligen oder deine Gedanken in den Kommentaren zu teilen.

Was genau ist das Gedankenkarussell – psychologisch betrachtet?

Das, was viele Menschen als Gedankenkarussell beschreiben, ist aus psychologischer Sicht weit mehr als ein unangenehmes Grübeln oder eine flüchtige mentale Unruhe. Es handelt sich vielmehr um ein gut etabliertes inneres Funktionsmuster, das sich – als Reaktion auf emotionale Unsicherheit, mangelnde Resonanz oder die Erfahrung, mit inneren Konflikten allein zu sein – meist in frühen Lebensphasen entwickelt hat. In der therapeutischen Arbeit mit Teilpersönlichkeiten lässt sich dieser Zustand als ein eigenständiger innerer Anteil verstehen, der versucht, durch Denken wieder Kontrolle und Orientierung herzustellen, wenn das emotionale System in Alarmbereitschaft gerät.

Charakteristisch für diesen Anteil ist nicht einfach, dass er „zu viel denkt“, sondern dass er das Denken funktional einsetzt: zur Vermeidung von Unklarheit, zum Schutz vor möglichen Fehlern, zur präventiven Schadensbegrenzung. Seine Aktivierung ist fast immer mit einem inneren oder äußeren Auslöser verbunden. Zum Beispiel ein Gespräch, das emotional ambivalent war, eine als distanziert oder uneindeutig empfundene Reaktion, eine zwischenmenschliche Irritation, auf die keine Erklärung folgt. Sobald ein solcher Reiz das Gefühl innerer Unsicherheit triggert, übernimmt dieser Anteil die Führung – oft vollständig und unbemerkt.

Was dann geschieht, ist keine bewusste Entscheidung, sondern ein automatisiertes Muster: Gedanken werden in Endlosschleifen rekonstruiert, alternative Handlungsverläufe durchgespielt, vergangene Gespräche rückblickend analysiert, hypothetische Reaktionen antizipiert. Ziel dieser Aktivität ist nie bloße Erkenntnisgewinnung, sondern die Wiederherstellung eines Zustands subjektiver Sicherheit. Dein Gedankenkarussell dreht sich nicht, weil du orientierungslos ist, sondern weil du im Gegenteil verzweifelt versuchst, Orientierung zurückzugewinnen, wo emotionaler Halt verloren gegangen ist.

Was diesen Anteil so wirkmächtig und gleichzeitig so erschöpfend macht, ist seine Struktur: Er denkt logisch, sprachlich differenziert, scheinbar „vernünftig“. Was ihn jedoch unterscheidet von reflektierendem Denken im eigentlichen Sinn, ist der Verlust an innerer Beweglichkeit. Dieser Anteil denkt nicht mit offenem Ausgang, sondern in geschlossenen Systemen. Er sucht nach Kontrolle, nicht nach Verständnis. Und genau deshalb kannst du mit ihm nicht fertig werden, indem du ihn argumentativ überzeugst oder mit affirmativen Techniken beruhigst. Er ist nicht beruhigbar, solange er sich allein verantwortlich fühlt.

Aus therapeutischer Perspektive ist der entscheidende Wendepunkt deshalb nicht, diesen Anteil zu stoppen, sondern ihm eine neue Beziehung anzubieten. Solange er das Gefühl hat, dass er der Einzige ist, der aufpasst, wird er weitermachen. Erst wenn eine stabilere, präsentere Ich-Instanz – das, was wir in der Achtsamkeitspsychologie oft als Selbst oder innere Führung beschreiben – in Kontakt tritt und Verantwortung übernimmt, kann er sich allmählich entlasten lassen.

Das bedeutet: Du darfst ihn ernst nehmen, aber nicht ihn führen lassen. Du darfst ihm zuhören, aber nicht folgen. Und du darfst spüren, dass seine Aktivität kein Zeichen für eine kognitive Fehlleistung ist, sondern für deine emotionale Geschichte.

Sichtbar werden lassen, was wirkt: Arbeit mit inneren Anteilen im Raum

Wenn ich mit inneren Anteilen arbeite, dann nicht als abstraktes Modell und auch nicht ausschließlich im Gespräch. Ich arbeite konkret mit dem Körper, mit der Wahrnehmung und am liebsten mit echten Stühlen im Raum. Jeder Stuhl steht für eine bestimmte innere Position.

Ich lade die Klientin ein, einen leeren Stuhl in der Nähe ihres Sitzplatzes aufzustellen. Die Position und den Abstand zu ihrem eigenen Platz wählt sie frei. Der Platz auf dem leeren Stuhl repräsentiert während der folgenden Arbeit den Platz der Teilpersönlichkeit, in unserem Beispiel also das Gedankenkarussell. Dann bitte ich sie, die von ihr im vorausgegangenen Gespräch geschilderten Situationen in ihrer Vorstellung auf diesem Stuhl abzulegen und den Platz damit energetisch zu besetzen.

Wir haben nun also eine einfache Anordnung mit zwei Stühlen:

Der erste Stuhl ist der Platz des Selbst. Der Ort, von dem aus ich wahrnehmen kann, was in mir geschieht, ohne mich sofort damit zu identifizieren. Dieser Platz ermöglicht Beziehung: zur Erfahrung, zur Empfindung, zu den anderen inneren Anteilen. Der zweite Stuhl ist dem inneren Anteil gewidmet, um den es in dieser Arbeit geht, hier dem Gedankenkarussell. Dieser Stuhl steht für eine bestimmte innere Dynamik: die des permanenten Bewertens, Zweifelns, Rekonstruierens. Die Klientin setzt sich darauf und nimmt wahr: Wie fühlt sich dieser Anteil an? Wie spricht er? Wovor warnt er? Was versucht er zu erreichen?

Die Idee dabei ist, einen Dialog zwischen diesem Anteil und dem Beobachterzustand der Klientin (auch erwachsenes Ich, Selbst oder Bewusstsein genannt) entstehen zu lassen. Das Ziel dieser Arbeit ist, die Identifikation mit dieser Teilpersönlichkeit aufzulösen und stattdessen ihr Wesen mit offener Neugier zu erforschen. Auf diese Weise kann die Kraft und Energie, die in dieser Teilpersönlichkeit gebunden ist, dem Bewusstsein zugänglich gemacht werden.

Oft ist es hilfreich, noch einen dritten Stuhl hinzuzunehmen. Dieser Platz repräsentiert die innere Weisheit der Klientin und hilft ihr, sich dieser Ebene ihres Seins gewahr zu bleiben. Hier kann sie mit den Qualitäten von Klarheit und Mitgefühl in Kontakt kommen.

Im Laufe des Dialogs, der sich zwischen dem beobachtenden Selbst und dem inneren Anteil entwickelt, setzt sich die Klientin nacheinander auf jeden dieser Stühle. Nicht, um eine Rolle zu spielen, sondern um von innen heraus zu spüren: Wie fühlt es sich an, auf diesem Platz zu sein? Wie verändert sich mein Atem, meine Körperhaltung, meine Stimme, mein Denken? Welche Worte kommen mir hier? Welche Bilder entstehen? Tauchen Spannungen auf oder Emotionen?

Diese drei Plätze helfen, innere Prozesse sichtbar und erfahrbar zu machen. Sie schaffen Abstand und ermöglichen Kontakt. Es geht nicht darum, einen inneren Anteil loszuwerden, sondern darum, ihm einen Platz zu geben, damit er gesehen und gehört werden kann, ohne die gesamte innere Bühne zu besetzen.

Im folgenden Abschnitt wechsle ich selbst zwischen diesen Plätzen. Ich nehme mir Zeit auf jedem einzelnen. Ich spreche, antworte, spüre nach. So wie ich es auch in meiner therapeutischen Arbeit anleite.

Ein innerer Dialog mit meinem Gedankenkarussell

Es ist später Abend. Ich bin erschöpft, aber unruhig. In mir kreisen die Gedanken. Ein Gespräch, eine Situation, ein Moment, der offen geblieben ist. Ich spüre, dass an Einschlafen gerade nicht zu denken ist. Also nehme ich mir Zeit.

Ich setze mich aufrecht hin, spüre meine Füße auf dem Boden. Tief atme ich ein und entscheide mich, mit dem Anteil, der mich nicht schlafen lässt, in Kontakt zu treten.

Ich (aufgewühlt, erschöpft):

Heute Abend ist wieder alles in Bewegung. Ein Gedanke jagt den nächsten, noch bevor ich auch nur einen greifen kann. Warum machst du mich immer so fertig?

Gedankenkarussell (aufgeregt, hektisch):

Weil du Fehler machst und Dinge übersiehst. Dann musst du alles wieder in Ordnung bringen. Du bist einfach zu unkonzentriert. Reiß dich doch mal ein bisschen mehr zusammen!

Ich (angespannt):

Das fühlt sich richtig blöd an, so niedergemacht zu werden. Ich will einfach nur schlafen, denn ich bin müde und ausgelaugt und du putzt mich so runter. Ich will, dass du damit aufhörst. Lass mich einfach in Ruhe mit deinen Vorwürfen.

Gedankenkarussell:

Genau deshalb bin ich hier. Wenn du müde bist, wirst du unaufmerksam. Ich gehe jedes Wort noch mal durch, jeden Tonfall, jede Geste, ja sogar das, was nicht ausgesprochen wurde.

Ich (genervt):

Warum? Was willst du, Gedankenkarussell?

Gedankenkarussell:

Ich will verhindern, dass du verletzt oder verlassen wirst, weil du zu fordernd warst oder zu zurückhaltend. Oder weil du dich zu sehr gezeigt hast. Ich will, dass du in allem gut bist, damit du geachtet wirst von den anderen. Damit du es gut hast im Leben. Ich will verhindern, dass du dich wieder schämst.

Ich (mit gepresster Stimme und dem Gefühl von Enge im Brustkorb):

Das ist deine Aufgaben?

Gedankenkarussell:

Ja. Schon immer. Ich bin eingesprungen, als niemand da war. Als du gespürt hast, das etwas nicht stimmt und dachtest, es sei deine Schuld. Ich habe versucht, Ordnung zu schaffen und dir so Orientierung zu geben.

Ich (achte auf meine Körperempfindungen, atme tiefer):

Oh… Du hast also versucht, mich zu schützen. Immer wieder. Dafür danke ich dir. Das kann ich anerkennen, aber nicht so. Ich kann so oft nicht schlafen, wälze mich hin und her und liege stundenlang wach. Diese Art der Fürsorge zermürbt mich. Sie fühlt sich an wie ein Angriff. Als sei ich nie sicher, nie genug. Es muss sich etwas ändern. Du kannst mir gerne konstruktive Hinweise geben, aber dieses ständige Niedermachen muss aufhören. Ich bin das so leid.

Gedankenkarussell (verunsichert):

Ich weiß nicht, wie es anders geht. Wenn ich still werde, könnte es gefährlich werden. Du könntest etwas übersehen. Du könntest dich zu früh entspannen.

Ich (sanfter):

Was brauchst du, Gedankenkarussell?

Gedankenkarussell (gekränkt):

Ich meine es ja nur gut mit dir, damit du es leichter hast im Leben.

Ich (mit mehr Nachdruck):

Was brauchst du von mir?

Gedankenkarussell (zögerlich):

Ich brauche, dass du das siehst. Dass du siehst, dass ich es gut mit dir meine. Dass ich nicht gegen dich bin.

Ich (ein vorsichtiges Loslassen im Bauch):

Du wünschst dir von mir, dass ich anerkenne, dass du es gut mit mir meinst? Dass du auf meiner Seite bist? Ist das alles?

Gedankenkarussell (nach kurzem Überlegen):

Ja, ich glaube schon.

Ich (mit Tränen in den Augen):

Ja, Gedankenkarussell, das kann ich sehen. Ich kann gerade nicht mehr sagen, aber es geht mir gut. Es berührt mich und ja, ich spüre jetzt, dass du es gut mit mir meinst. Wie fühlt sich das für dich an, wenn ich das sage?

Gedankenkarussell (verhalten, vorsichtig):

Ungewohnt. Ich fühle mich ein bisschen überflüssig. Und gleichzeitig erleichtert. Ich merke, dass du wirklich zuhörst. Dass ich nicht alles zerdenken muss, wenn du spürst.

Ich (spüre meine Körpermitte – leichtes Ziehen lässt nach):

Weißt du, ich bin nicht mehr das Kind von damals. Ich bin erwachsen und kann selbst entscheiden.

Gedankenkarussell:

Ich bin unsicher, ob du das schaffst.

Ich:

Darf ich dir einen Ort zur Seite stellen, der uns beide unterstützt?

Gedankenkarussell (alarmiert):

Wen meinst du?

Ich (stelle mir links von mir den „Buddha-Platz“ vor – mein mitfühlender, weiser innerer Anteil):

Den Teil in mir, der ruht. Der nicht alles wissen muss, der dem Leben vertraut und präsent bleibt. Darf er hier sein?

Gedankenkarussell (leise):

Ja. Ich kenne ihn. Ich bin oft wach und aktiv, weil er fehlt. Wenn er da ist, brauche ich weniger Kraft. Dann bin ich nicht alleine.

Ich:

Dann soll er bleiben.

(Ich spüre die Präsenz beider Anteile: des Gedankenkarussells und des inneren Buddhas. Ich atme tiefer.)

Gedankenkarussell – was brauchst du von mir, um dich zu entlasten?

Gedankenkarussell:

Eine klare Absprache. Dass du mir zuhörst, aber selbst entscheidest. Dass du mich nicht wegsperrst, sondern rufst, wenn du mich brauchst. Ich will doch nur nicht, dass du untergehst.

Ich (leise, aber bestimmt):

Versteh doch: Ich bin nicht mehr klein. Heute weiß ich, was mir guttut und was nicht. Ich spüre, wenn etwas kippt und kann unterscheiden, was ich aufnehme und was ich lasse. Ich höre dich, aber ich folge dir nicht mehr blind.

Gedankenkarussell (nachdenklich):

Dann will ich lernen, dir zu vertrauen. Ich werde es versuchen.

Ich (klar und ruhig):

Danke.

Ich bleibe noch einen Moment sitzen. Spüre nach. Die kreisenden Gedanken sind nicht ganz verschwunden, aber sie sind nicht mehr überwältigend.

Ein Anteil in mir wurde gehört. Und ich war nicht abwesend. Ich war bei mir.

Gedankenkarussell stoppen durch Selbstkontakt – eine therapeutische Einordnung

Wenn dein Denken sich verselbstständigt und du dich immer wieder in denselben Gedankenschleifen wiederfindest, dann liegt das nicht an mangelnder Disziplin oder daran, dass du „zu viel grübelst“. Aus Sicht der therapeutischen Arbeit mit Teilpersönlichkeiten zeigt sich hier vielmehr ein gut eingeübter innerer Schutzmechanismus. Ein Anteil in dir übernimmt die Führung – oft völlig automatisch –, sobald sich etwas in deinem System nicht sicher anfühlt. Vielleicht war ein Gespräch zu vage, vielleicht gab es eine Irritation, die du nicht richtig einordnen konntest. In solchen Momenten meldet sich dieser Anteil: wachsam, kritisch, und hochaktiv. Und zwar nicht, weil du die Kontrolle verlierst, sondern weil du versuchst, sie wiederherzustellen.

Das Gedankenkarussell, wie du es kennst, ist kein Zeichen von Überempfindlichkeit, sondern von Überverantwortung. Es handelt sich um einen Anteil, der sich in deinem Leben sehr früh gebildet hat, oft in Zeiten, in denen du emotional auf dich allein gestellt warst. Als Kind oder Jugendliche hast du vielleicht gespürt, dass deine Gefühle nicht gespiegelt oder reguliert wurden. Vielleicht gab es Situationen, in denen niemand da war, um dich emotional aufzufangen. Also hat ein Teil von dir die Aufgabe übernommen, den Überblick zu behalten. Er hat versucht, durch Denken Orientierung zu schaffen, wo emotionaler Halt fehlte. Und genau das tut er heute noch zuverlässig. Oft pausenlos und erschöpfend.

Solange du versuchst, diesen Anteil zu kontrollieren oder zum Schweigen zu bringen, wird er sich nur umso stärker zeigen. Nicht, weil er dich sabotieren will, sondern weil er überzeugt ist, dass er der Einzige ist, der aufpasst. Was dieser Anteil braucht, ist nicht dein Widerstand, sondern deine innere Führung. Eine klare, mitfühlende Haltung, die sagt: „Ich sehe dich. Ich weiß, warum du da bist. Und ich übernehme jetzt.“

Aus Sicht der kontemplativen Psychologie ist dieser Moment entscheidend: Nicht das Stoppen des Denkens bringt Entlastung, sondern die Beziehung zu dem Anteil, der da denkt. Sobald du mit ihm in Kontakt trittst, nicht als Gegner, sondern als Gegenüber, kann sich etwas verändern. Du beginnst, ihn nicht mehr als Problem zu sehen, sondern als Teil deiner Geschichte. Einer Geschichte, in der du einst allein warst mit deinem Erleben. Und in dem Moment, in dem du heute da bist, präsent, spürend, erwachsen, kann dieser Anteil anfangen sich zu regulieren.

Vielleicht merkst du in deinem eigenen Erleben, wie sehr dieser innere Anteil versucht,durch Analysen und Vorwegnahmen Ordnung zu schaffen. Er will nicht recht haben. Er will verhindern, dass du dich morgen schämst oder heute innerlich den Boden verlierst. Und je mehr du dich ihm zuwendest, ohne dich in ihm zu verlieren, desto mehr kann sich seine Funktion wandeln.

Diese Arbeit mit inneren Anteilen ist keine Technik, sondern ein Weg: achtsam, beziehungsorientiert, manchmal konfrontierend, aber immer deine ganz persönlichen Erfahrungen würdigend. Und sie beginnt nicht damit, dass du etwas an dir verändern oder verbessern musst, sondern damit, dass du dich bereit erklärst, dir selbst zuzuhören. Und vielleicht ist das der Anfang einer neuen inneren Ordnung.

Eine Einladung zur Selbstbegegnung

Vielleicht hast du beim Lesen bemerkt, dass dir das unermüdliche Gedankenkreisen sehr vertraut ist. Oder du hast gespürt, wie schnell sich dein Gedankenkarussell in Bewegung setzt, wie unaufhaltsam es wirken kann und wie sehr es dich manchmal festhält – selbst in Momenten, in denen du dich nach Ruhe sehnst.

Vermutlich fühlst du dich davon sehr genervt. Oder du stellst dich selbst dafür in Frage, weil du die ständige Grübelei als Zeichen von Kontrollverlust oder emotionaler Unzulänglichkeit erlebst, weil du es einfach nicht stoppen kannst. Solange du diesen Anteil als Problem betrachtest, wirst du mit dir selbst in Spannung bleiben. Doch wenn du einmal versuchst, diesen Anteil als einen Teil deiner inneren Organisation zu sehen, der dich in unsicheren Momenten schützen will, kann sich dein Blick darauf verändern.

Was du brauchst, ist nicht mehr Kontrolle, sondern ein anderer Kontakt zu dir selbst.

Mit dir selbst in Beziehung zu treten heißt, deine eigene innere Landschaft wahrzunehmen, ohne sie sofort regulieren zu müssen. Es heißt, Verantwortung zu übernehmen für die Art und Weise, wie du dir selbst begegnest – gerade in den Momenten, in denen du dich als unruhig, unklar oder unzulänglich empfindest.

Du wirst nicht plötzlich aufhören zu denken. Das ist nicht das Ziel. Aber du wirst klarer unterscheiden können, wer da in dir spricht. Und du wirst nicht mehr jede Bewegung deines Denkens für bare Münze nehmen.

Vielleicht entsteht daraus kein spektakulärer Wandel. Aber vielleicht ein anderer Umgang. Ein anderer Ton dir selbst gegenüber. Und vielleicht der leise Beginn einer inneren Beziehung, in der du nicht mehr nur funktionierst,
sondern dir wirklich begegnest.

Wie sind deine Erfahrungen mit dem Gedankenkarussell? Was tust du, wenn dein Kopf nicht zur Ruhe kommt?

Ich freue mich sehr, wenn du deine Gedanken und Erfahrungen unten in den Kommentaren teilst. Und wenn du ihnen mehr Raum geben möchtest, bist du herzlich eingeladen, einen eigenen Beitrag zu meiner Blogparade „Wie stoppe ich das Gedankenkarussell?“ zu verfassen. Alle Informationen zur Teilnahme findest du hier:

4 Antworten zu „Gedankenkarussell, was willst du eigentlich von mir?“

  1. Avatar von Christoph Ziegler

    Moin Pia, ich habe in meinem Blog bei https://www.kumulus-socialmedia.de/selbstfuehrung-kopfkino-gedankenkarussel-mini-interventionen/ zehn Mini-Interventionen vorgestellt. Als Beitrag zu Deiner Blogparade – und sie haben mich direkt inspiriert, mehr Mini-Interventionen zu entwickeln.

    1. Avatar von Pia

      Lieber Christoph,

      herzlichen Dank für diesen bereichernden Beitrag zu meiner Blogparade „Wie kann ich mein Gedankenkarussell stoppen?“!

      Deine Mini‑Interventionen im Kopfkino sind echte Schatzkisten für den Alltag. Du zeigst: Es braucht nicht immer große Rituale – manchmal reicht ein bewusstes Innehalten, ein kurzer Perspektivwechsel oder eine entschleunigende Atempause, um den Geist sanft aus der Schleife zu holen.

      Besonders schön finde ich deinen Fokus auf Selbstführung – nicht als Anspruch an Perfektion, sondern als liebevoller Begleiter in den eigenen Innenraum. Diese Haltung, kombiniert mit leicht umsetzbaren Impulsen, schenkt genau das, was wir oft suchen: eine kleine Tür zur inneren Freiheit.

      Sehr herzlich
      Pia

  2. Avatar von Waltraud Fröhlich

    Liebe Pia,
    Barbaras Newsletter hat mich zur Blogparade gebracht und so habe ich deinen Blog gefunden!
    Ich kenne eine wunderbare Technik, wo man eine bestimmte Stelle hinter dem Ohr sanft berührt und Gedankenkarusselle lösen sich einfach auf!

    Das ist mein Blog, indem ich deinen Blog verlinkt habe:
    https://www.walli.tirol/so-stoppe-ich-mein-gedankenkarussell

    Liebe Grüße,
    Walli aus Tirol

    1. Avatar von Pia

      Liebe Waltraud,

      ich danke dir von Herzen, dass du deine Erfahrung mit Access Bars® in meiner Blogparade geteilt hast. Die Methode war mir bisher nicht bekannt – umso spannender war es, durch deinen Beitrag einen ersten Einblick zu bekommen.

      Besonders berührt hat mich, wie konkret du die Anwendung beschreibst – mit so viel Feingefühl und Liebe zum Detail. Deine Worte laden nicht nur zum Ausprobieren ein, sondern vermitteln auch etwas sehr Wohltuendes: dass Ruhe, Klarheit und Verbindung manchmal genau dort entstehen, wo wir einfach nur da sind und berühren – ohne etwas tun zu müssen.

      Ich freue mich sehr, dass dein Beitrag Teil meiner Sammlung ist!

      Sehr herzlich
      Pia

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Das Bild zeigt eine Grafik mit einer Kakaotasse, Zuckerstangen und Weihnachtsdeko. Es trägt den Titel "Sei dir gut". Es ist das Symbolbild für den Adventskalender.

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